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Die Klangqualität ist jetzt messbar!

Entsprechen die Messwerte von Verstärkern wirklich der Klangqualität? Mit der großen Erfahrung in der messtechnischen Analyse von Audiokomponenten haben Peter Schüller/Laborleiter der bekannten Testzeitschrift Stereoplay und Johannes Maier ein innovatives Verfahren entwickelt, um den Zusammenhang zwischen den Messwerten und der eigentlichen Klangqualität klar zu bestimmen.

 

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Johannes Maier und Peter Schüller im Stereoplay Labor

 

Burosch Phono Verstärker

Klaus Burosch, Peter Schüller und Burkhard Vogel

Komplette Dokumentation als PDF Datei

 

Burosch Stereoplay Schüller 
Peter Schüller im Stereoplay Labor, Analyse des Klirrspektrums eines Accuphase Verstärkers

 

 

Vortrag von Peter Schüller / Laborleiter der Testzeitschrift "Stereoplay" auf der HighEnd Messe 2012 in München:

Ich darf Sie ganz herzlich auf der High End 2012 im M,O,C, in München willkommen heißen und freue mich, dass Sie den Weg zur Technology Stage, dem Experten-Forum auf der High End gefunden haben. Ich darf mich kurz vorstellen: Ich heiße Peter Schüller und bin Leiter der TESTfactory, dem einzigen zertifizierten Messlabor einer Verlagsgruppe, tätig für die Zeitschriften der WEKA Media Publishing.
Bereits vor 25 Jahren begann bei stereoplay meine Laufbahn. Zuvor hatte ich über 10 Jahre lang bei Kirksaeter in Düsseldorf – einem der Mitbegründer des Deutschen High Fidelity Instituts (dhfi) - HiFi-Geräte entwickelt und gebaut.

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Wir erstellen hauptsächlich die Messungen für die Titel aus dem Unterhaltungselektronikbereich, also für Audio, Autohifi, Connect, stereoplay und Video-HomeVision.

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Als zertifiziertes Labor führen wir auch Tests externer Auftraggeber durch (z.B. für den TÜV oder dem VDE), wobei wir uns auf einen großen Erfahrungsschatz aus dem UE-Bereich berufen können. Bei entsprechendem Prüfergebnis erteilen wir auf Wunsch dann unser eigenes Prüfsiegel. Auch von Ihnen nehmen wir gerne Aufträge entgegenJ

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Ist Verstärkerklang messbar? So lautet das Thema meines Vortrags, und mit dieser Frage beschäftigt sich stereoplay schon seit Anbeginn. Heute kann ich diese Frage glatt mit „Ja!“ beantworten, denn ein wichtiges Argument ist nun gefunden: Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Verstärker und Lautsprecher. Was sich aus heutiger Sicht als verblüffend einfach herausstellte, hat aber eine lange Vorgeschichte.

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Sie begann bereits in den 1980er Jahren. Damals stellte meine Kollege Johannes Maier die Klirrtheorie auf, nach der ein Verstärker nur gut klang, wenn sein Verzerrungsverhalten – oder genauer: sein Klirrspektrum bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgte. Gut war stets - und das gilt noch bis heute - ein gleichmäßig, harmonisch abfallendes Klirrspektrum.

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Möglich wurde dies erst durch moderne Spektrum-Analysatoren, die es in Verbindung mit einer Klirrfaktor-Messbrücke erlaubte, tief in das Verzerrungsverhalten eines Verstärkers zu schauen. Hier der Hewlett-Packard HP 3561 mit einem Dynamikbereich von immerhin mehr als 80dB.

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Heute und schon eine Weile lang benutzen wir mit dem AP 2722 einen Audio-Analysator, der nach wie vor „State of the Art“ ist und mit seinen programmgestützten Analyse-Tools die enorme Fortschritte in der Messtechnik ermöglicht.

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Hier einen Blick ins HiFi-Messlabor auf den Verstärker-Messplatz. Neben Umschalteinheiten und Lastwiderständen ist unten links auch das eigene „Kraftwerk“ zu erkennen, dass eine saubere, stabile 230 Volt Wechselspannung zur Verfügung stellt – ganz wichtig für die Reproduzierbarkeit von Messergebnissen. Vor allem die Leistungsmessung hängt überproportional von der Höhe der Netzspannung ab.

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Hier erkennt man neben den Programm-gesteuerten Umschalteinheiten auch die ohmschen Lastwiderstände für Verstärkerleistungen bis zu 8 mal 2000 Watt sowie die jetzt verstärkt zum Einsatz kommenden komplexen Lautsprecher-Nachbildungen.

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Welche Punkte auf den Verstärkerklang Einfluss nehmen, zeigt diese Folie in umgekehrter Reihenfolge ihrer Bedeutung.

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Störkomponenten, also Rauschen und Brummen, beeinflussen den Klang unserer Erfahrung nach nur in geringem Maße, solange sie klein genug gegenüber dem Nutzsignal – der Musik - bleiben. Das Diagramm zeigt die Spektralanalyse eines 1-Kilohertz-Sinussignals bei unterschiedlich hoher Gegenkopplung. In den sechziger Jahren hielten bei Verstärkern Transistoren Einzug und machten endlich große Ausgangsleistungen möglich. Sie hatten – und haben immer noch einen großen Nachteil: Ihre Kennlinien verlaufen nicht ideal, was zu unerwünschte Verzerrungen führt. Deshalb „erfand“ man die Gegenkopplung. Sie führt einen Teil der Ausgangsspannung zum Eingang des Verstärkers zurück und vergleicht es mit dem Eingangssignal. Jede Abweichung erzeugt ein Korrektur-Signal, dass Verzerrungen, aber auch Rausch- und Brummkomponenten deutlich reduziert, wie man an der roten Kurve sieht – dies umso stärker, je höher die sogenannte Leerlaufverstärkung ist. Mithin eine gute Sache, sollte man meinen. Doch es gibt auch eine Kehrseite, auf die ich später noch zurückkomme..

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Damit kommen wir schon zu Punkt 2: Lineare Verzerrungen – nicht zu verwechseln mit dem Klirrfaktor! Am deutlichsten treten sie bei Lautsprechern auf, deren Frequenzverlauf oft alles Andere als völlig ebenmäßig ist. Obwohl das hier gezeigte Beispiel schon ein sehr ausgewogenes Exemplar seiner Gattung ist, gibt es doch deutliche Abweichungen von der ideal geraden, waagerechten Linie – vor allem im Tiefbassbereich. Bei unterschiedlichen Abstrahlrichtungen treten im Hochtonbereich zusätzliche Abweichungen der Linearität auf.

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Verstärker haben es da sehr viel leichter dem Ideal der waagerechten Linie nahezukommen. Allerdings nur im direkt hörbaren Bereich. Doch oberhalb 20 kHz fällt auch bei ihnen üblicherweise früher oder später der Frequenzgang ab. Das hängt wiederum vom Maß der Gegenkopplung ab, die nicht nur Verzerrungen , Rauschen und Brummen reduziert, sondern auch den Frequenzgang erweitern und linearisieren kann, wie an den 2 Beispielen hier zu sehen ist. Gegenkopplung scheint also nur Gutes zu tun, oder? Doch hier ist auch schon ein 1. Nachteil zu erkennen: Die Kurven zeigen Messungen bei Belastung mit 8, 4 und 2 Ohm. Zu erkennen ist, dass an 2 Ohm die Kurven deutlich früher abfallen. Dieser Verstärker verändert also sein Verhalten an unterschiedlicher Last je nach Stärke der Gegenkopplung unterschiedlich stark – ein erster Hinweis, dass Gegenkopplung nicht nur Gutes tut.

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Jeder Abweichung vom ebenen Frequenzgang zieht auch eine Veränderung der Phase nach sich. Bevor überhaupt eine Änderung der Amplitude sichtbar wird, hat sich die Phase bereits bewegt, wie in dieser Simulation leicht zu erkennen ist. Obwohl eine Phasenabweichung nicht unmittelbar hörbar ist, reagiert die Gegenkopplung darauf aber prompt.

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Zu den linearen Verzerrungen kann auch ein nichtlinearen Verstärker-Ausgangswiderstand beitragen. Auf der Suche nach Messungen, die einen Bezug zum Hörergebnis zeigen, habe ich auch die Verstärker-Ausgangsimpedanz untersucht, die sich gemeinhin im sogenannten Dämpfungsfaktor ausdrückt. Von der Überlegung ausgehend , dass die Gegen-EMK eines Lautsprechers einen Strom zurück in den Verstärker schickt, habe ich in den Beispielen hier die Rückflussdämpfung mit gemessen. Nicht mit einem Sinussignal, sondern mit einem der Musik sehr viel ähnlicheren breitbandigem Rauschen (den Lautsprecher-Messtechnikern MLS-Signal bekannt), das über einen 8-Ohm-Widerstand in die Lautsprecherklemmen des Verstärkers eingespeist wird. Ein idealer Verstärker mit Null-Ohm Ausgangswiderstand würde das Signal vollständig unterdrücken. Reale Verstärker lassen davon noch etwas übrig, je nach Bauart und Stärke der Gegenkopplung unterschiedlich viel. Und das kann man leicht messen. Im linken Beispiel ein „normaler“ Verstärker mit relativ starker Gegenkopplung – sein Dämpfungsfaktor ist dadurch relativ hoch und das von hinten eingespeisten Signal wird stark „gedämpft“ , was ja durchaus erwünscht ist. Doch auch hier wird wieder ein negativer Einfluss der Gegenkopplung sichtbar: Die Rückflussdämpfung (grüne Kurve) wird zu hohen Frequenzen hin deutlich geringer, was der steigende Kurvenverlauf belegt. Das ganze statt mit einem ohmschen Widerstand mit einer komplexen Lautsprecher-Impedanz wiederholt (rote Kurve), zeigt schon deutlich den Einfluss des Lautsprechers auf den Verstärker.

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Peter Schüller testet den Brinkmann Vollverstärker

Das zweite Beispiel zeigt das Ergebnis des Brinkmann-Vollverstärkers. Warum der Brinkmann? Es war vor rund 3 Jahren, als mein Kollege Johannes Maier mit ihm ins Labor kam und sagt: „Der klingt so viel anders - nein besser, als alles Vergleichbare – da muss doch was zu messen sein“. Also habe ich mich hingesetzt und alles möglich untersucht. Eins fällt hier sofort auf: seine Rückflussdämpfung verhält sich mustergültig frequenzneutral – selbst in den obersten Höhen bleibt der Abstand zur (schwarzen) Referenzkurve weitgehend konstant, bei allerdings geringerer Dämpfung. In anderen Disziplinen hob er sich nicht sonderlich von der Konkurrenz ab. Was ist also anders an diesem Verstärker?

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Dieses Bild zeigt das Prinzip eines üblichen Verstärkers mit einer Spannungsverstärkerstufe vorn und einer Leistungsendstufe. Die übliche Gegenkopplung greift für den Soll-Ist-Vergleich das Signal direkt vom Ausgang ab und sorgt dafür, dass am Ausgang das verstärkte, ansonsten aber möglichst unveränderte Signal erscheint. So weit, so gut.

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Brinkmann macht es anders: Wie hier zu sehen greift er das Korrektursignal vor der Endstufe ab – ausgerechnet der verzerrungsträchtigste Teil des ganzen Verstärkers bleibt also außerhalb der Gegenkopplungs-Korrekturschleife - und handelt sich damit eine Menge Nachteile ein. Warum macht Brinkmann das?
Immerhin bleibt der Ausgangswiderstand Brinkmann Vollverstärkers frequenzneutral und verhält sich annähernd wie ein ohmscher Widerstand, womit sich der Einfluss des Lautsprechers auf das Verhalten des Verstärkers stark verringert. Ist das des Rätsels Lösung für guten Klang?
Doch so einfach ist es auch dann doch nicht!

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Bei Lautsprechern ist es gängige Praxis mittels Impulsantwort seine Übertragungseigenschaften zu untersuchen. Wie hier im Beispiel zu sehen ist sie mit zahlreichen kleinen Artefakten überlagert, die aus kleinen Resonanzen, Massenträgheiten oder anderen Unvollkommenheiten des Lautsprechers resultieren.

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Mittels Fourier-Transformation lässt sich aus dieser Impulsantwort zum Beispiel das Abklingspektrum – auf Grund seines Aussehens auch Wasserfalldarstellung genannt – errechnen. Es drückt aus, wie schnell der Lautsprecher bei welcher Frequenz nach Abschalten des Signals zur Ruhe kommt. Auch der Frequenzgang wird aus der Impulsantwort ermittelt – hier schon als erste (hintere) Kurve zu erkennen.

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Was beim Lautsprecher so gut funktioniert, könnte doch auch bei Verstärkern Hinweise für ihre Klangeigenschaften geben. Aufgrund des normalerweise sehr viel größeren Übertragungsbereichs bleibt die Impulsantwort nur eine schmale Nadel – im Gegensatz zu Lautsprechern ohne erkennbare Probleme. Trotzdem habe ich eine dem Wasserfall ähnliche Messung vorgenommen.

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Tatsächlich ergeben sich an komplexer Lautsprecherlast gemessen Unterschiede zwischen verschiedenen Verstärkern, wobei sich jener Brinkmann positiv hervorhob. Allerdings stößt man – wie sich im Nachhinein herausstellte – an die Grenzen des Messsystems. Zudem hatten der Übertragungsbereich des Verstärkers einen verfälschenden Einfluss auf das Ergebnis und bracht uns auf der Suche nach klangrelevanten Messungen nicht weiter.

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Schon eher Messungen mit einem Rechteck, das rückwärts eingespeist deutlich macht, welch negativen Einfluss die Gegenkopplung noch haben kann. Bevor sie erkennt, dass am Ausgang sich plötzlich der Zustand ändert, vergeht eine gewisse Zeit um gegenzusteuern – was an den hohen Überschwingern zu erkennen ist. Der Brinkmann Vollverstärker verhält sich hier zeitlich deutlich besser, allerdings ist die Dämpfung des Signals bei ihm geringer.

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Kommen wir nur zu den auf den Verstärkerklang bezogenen wichtigsten Punkten: Den nichtlinearen Verzerrungen.

Wie ich eingangs bereits sagte, hat sich in der jahrelanger Erfahrung die von meinem Kollegen Johannes Maier im Jahr 1985 aufgestellt Klirrtheorie immer aufs Neue bestätigt. Stets zeigten gutklingende Verstärker ein ähnliches, gleichmäßig zu den höheren Harmonischen hin abfallendes Klirrspektrum – wie hier beispielhaft gezeigt. Dabei kommt es nicht darauf an, wie hoch (in Prozent) die Verzerrungen sind, sondern welcher Art sie sind. Was zwar bekannt, aber nicht weiter beachtet wurde, ist die Last- und Frequenzabhängigkeit der Verzerrungen. Trotzdem vermutete ich schon lange, dass dies nicht bedeutungslos sein kann und habe Verstärker stets an 8 und 4 Ohm (teilweise auch an 2 Ohm) gemessen. Dass der Klirr bei stärkerer Belastung durch den 4-Ohm-Widerstand (siehe grüne Kurve) steigt, ist ja eigentlich völlig normal.

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Gemessen habe ich nicht nur bei 1 kHz, sondern zusätzlich auch bei einer tieferen und höheren Frequenz. Dass der Klirr zu höheren hin Frequenzen mehr oder weniger stark steigt, ist auch meist zu beobachten. Doch wie wirkt sich dies auf den Klang aus, wo doch die höheren Harmonischen schnell oberhalb des Hörbereichs liegen? Bei einer Messfrequenz von 3150 Hertz sind es gerade noch 4 Oberwellen (k2 bis k5), die in den Bereich bis 20 kHz fallen.

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Hinzu kommt noch die Abhängigkeit von der Leistung an sich. Das Audio Precision AP 2722 erlaubt mit einem speziellen Programm, die Amplituden dieser einzelnen Harmonischen bei steigender oder fallender Leistung zu verfolgen und als Diagramm darzustellen. Das Beispiel hier eines AV-Receivers zeigt, wie es sein soll: Die Amplituden der betrachteten 4 Oberwellen steigen schön gleichmäßig an und sind günstig abgestuft, das heißt, die höheren Harmonische k4 (grün) und k5 (blau) sind stets niedriger als die klanglich bedeutendsten Komponenten k2 (schwarz) und k3 (rot). Dieser dynamische Klirrverlauf war ein großer Fortschritt zur messtechnischen Beurteilung von Verstärkern. Zumal durch Messung bei steigender und fallender Leistung auch thermische Effekte oder Arbeitspunktverschiebungen sichtbar werden, die das Verzerrungsverhalten negativ beeinflussen und klanglich zu Irritationen führen. Davon ist hier jedoch nichts zu erkennen weil die Kurven bei steigender und fallender Leistung übereinanderliegen – so, wie es stets sein sollte.

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Im nächsten Beispiel eines Röhrenverstärkers ist dies nicht so perfekt gelungen. Nur bis rund 1 Watt verhält er sich mustergültig. Doch bei weiter steigender Leistung (bis zu für Röhrenverstärker beachtlichen 50 Watt an 4 Ohm) wechseln k2 (schwarz) und k3 (rot) ihre Dominanz. Bei großer Lautstärke wird dieser Verstärker also anders klingen, als in leisen Passagen. Erkennbar ist auch, dass sich k2 bei fallender Leistung anders verhält, hier allerding vernachlässigbar wenig - da gibt es ganz andere Beispiel.

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Kommen wir nun zur Frequenz- und Lastabhängigkeit der nichtlinearen Verzerrungen. Dazu habe ich bei einen Verstärker das Klirrspektrum bei unterschiedlichsten Frequenzen gemessen. Auf den ersten Blick scheint er sich frequenzneutral zu verhalten, denn die dominante Komponente bleibt stets auf gleicher Höhe. Und in der Tat würde eine übliche Klirrfaktormessung bei tiefen und hohen Frequenzen nahezu den gleichen Wert (in Prozent) anzeigen. Bei genauer Betrachtung fällt allerding auf, dass höhere Harmonische bei den hohen Frequenzen stärker vertreten sind, als bei tieferen Tönen.

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Das hat mich veranlasst, den „Harmonic Analyzer“ des AP 2722 umzuprogrammieren: Nun soll er die Amplituden der wichtigen 4 Oberwellen nicht über die Leistung, sondern über die Frequenz darstellen. Heraus kann erstaunliches. Wie hier an 2 Transistor-Amps gezeigt, verlaufen die einzelnen Oberwellen sehr unterschiedlich und zudem unterschiedlich bei niedrigen und hohen Impedanzen. Hier dargestellt an 2 Ohm und an 32 Ohm. Idealerweise sollten die Harmonischen bei jeder Last und Frequenz auf gleicher Höhe verharren, solche höherer Ordnungszahl (k3, k4, usw.) entsprechend mit abgestufter Amplitude.

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Warum auch an 32 Ohm? Normalerweise ist doch der niedrigste Impedanzwert der kritische. Schaut man sich den Impedanzverlauf verschiedener Boxen an, schwankt er oft extrem stark: zwischen 1 Ohm und 100 Ohm ist alles möglich. Im Beispiel hier zwischen 2,8 und 50 Ohm und mit Phasenschwankungen zwischen -70 und +50 Grad (grüne Kurve).

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Zunächst mit einer „normalen“, gegengekoppelten Röhre (hier links im Bild) gemessen zeitigte ein eher mäßiges Ergebis: Die Unterschiede am niedrigem und hohem Lastwiderstand waren sehr groß. Erstaunlich dass gerade an 2 Ohm gemessen (Röhre und 2 Ohm – das funktioniert doch nicht!) bis auf den unerwünschten Klirranstieg zu hohen Frequenzen die Welt noch in Ordnung war. Doch bei hoher Impedanz sackte k2 (schwarze Kurve) ab in den Keller. Schaute man sich aber auch die bei 4, 8 und 16 Ohm gemessen Kurven an, blieb immerhin die Abstufung im klanglich wichtigen mittleren Frequenzbereich erhalten. Der Unison Simply Italy, ein relativ leistungsschwacher, bezaubernd schön klingender Trioden-Röhrenverstärker zeigte dann in aller Klarheit, worauf es wirklich ankommt: Bei ihm bleibt unter allen Umständen die Klirrabstufung erhalten, wie hier rechts zusehen ist.

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Wer es noch ausführlicher studieren will: Im Aprilheft 2012 von stereoplay haben wir auf den Seiten 44 und 45 alles ausführlich erklärt und mit verschiedenen Beispielen aufgezeigt, worauf es dabei ankommt.

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Am Beispiel der Simply Italy-Triode haben wir auf Seite 46 diese Messung auch an verschieden realen Lautsprechern aufgezeigt. Doch Vorsicht: Hier hat der Druckteufel zugeschlagen, Diagramme vertauscht und falsche eingebaut. Wie es richtig ist, zeigt die folgende Folie.

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Hier die Korrektur der vertauschten und verwechselten Diagramme auf Seite 46 der April-Ausgabe von stereoplay. Gut zu erkennen ist, dass der Verlauf der einzelnen Harmonische über die Frequenz vom Impedanzverlauf umgekehrt proportional geprägt ist. Das ist zwar nicht Ideal, wichtiger scheint jedoch zu sein, dass die Ordnung, also die Abstufung der Harmonischen untereinander stets erhalten bleibt. Auch die Dominanz der Klirrkomponente k2, der sich alle höheren Harmonischen unterordnen, kann möglicherweise zum hervorragenden Klangergebnis dieses Ausnahmeverstärkers beigetragen haben.

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Wie soll also der Ideale Verstärker beschaffen sein? Er darf keine linearen Verzerrungen aufweisen, also extrem breitbandig sein, auch an niederohmiger Last, sein Ausgangswiderstand muss niedrig sein und sich wie ein ohmscher Widerstand verhalten, rückwärts eingespeiste Rechtecksignale dürfen keine Überschwinger hinterlassen und nichtlineare Verzerrungen dürfen möglichst erst gar nicht entstehen. Nicht möglich? Mit extremen Aufwand, wie hier beim High-End-Verstärker von Audia Flight, kann man dem Ideal schon sehr nahe kommen. Lediglich bei der Klirrkomponente k3 verläuft, wie hier zu sehen, noch nicht ganz perfekt.

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Und der Brinkmann? Hält er auch der neuen Klirr-Analyse stand? Wie hier zu sehen, schlägt er sich ganz wacker mit sehr frequenzneutralen Klirrkomponenten – zumindest an unterschiedlichen ohmschen Lasten bleibt die Harmonischen-Abstufung gut erhalten.

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An komplexen Lautsprechernachbildungen, die hier einen „schwierigen“ und einen problemlosen Lautsprecher darstellen, werden auch beim Brinkmann die Klirrverläufe von den Impedanzen beeinflusst.

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Wenn auch der Klirrverlauf impedanzgeprägt ist, bleibt die Feststellung wichtig, dass die Abstufungen erhalten bleiben. Die Einflussnahme ist, wie hier zu sehen, dann besonders gering, wenn ein Lautsprecher mit ausgewogenem Impedanzverlauf betrieben wird. Allgemein gilt es festzuhalten, dass das Verzerrungsverhalten eines Verstärker immer von der angeschlossenen Last verändert wird – bei komplexer Last durch die zusätzliche Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom noch stärker, als bei ohmscher Last.

Was lernen wir aus dem gesagten? Wenn schon Verzerrungen bezahlbarer Verstärker nicht gänzlich vermeidbar sind, sollten sie - zumindest an ohmschen Lasten – stets harmonisch abgestuft und frequenzneutral sein. Oder an die Lautsprecherentwickler gerichtet: Baut Lautsprechern, mit im wichtigen Hörbereich ausgewogenen Impedanzverläufen. Dann steht einer günstigen Liaison nichts im Wege.

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Und solche Lautsprecher gibt es tatsächlich auf dem Markt - beispielweise die Elise II von Progressive Audio!

 

Peter Schüller

Heinz Lemke, Peter Schüller / Laborleiter von Stereoplay und Klaus Burosch -  2012